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Waldbrief digital - Rucksack so real - Dusse im Wald nur genial!

Erfrischend anders…

Liebe Leser und Leserinnen!

Herzlich Willkommen in unserem Infothek Waldkinder Blog! Wir werden gefragt, ob wir nicht auch Inhalte in einem Blog zur Verfügung stellen können, damit ihr das mit Gleichgesinnten teilen dürft.

Klar können wir das! Wir machen es auch!

Es gibt Highlights aus den Waldbriefen und viel Neues aus der Welt der Naturpädagogik , die darauf warten von euch gelesen zu werden. Dafür gibt es ab sofort unseren Blog.

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Du hast mir nachgemacht!

Letztens habe ich eine Szene zwischen zwei Kindern beobachtet, als sie zusammen im Sandkasten waren. Ein Junge baute aus Sand ein Ufo. Neben ihm baute ein Junge ebenfalls aus Sand ein Ufo. Als sie fertig waren, sagte der eine zum anderen völlig entrüstet: «Hey, du hast mir nachgemacht!» Der andere Junge schürzte die Lippen und schaute betreten mit gesenktem Kopf auf den Boden.

Menschen lernen durch Nachahmung voneinander

Da kam mir ein Dialog in den Sinn, den ich bei Alexandra Haaji aus Klagenfurt gelesen habe. Grundsätzlich ist es doch so, dass die Menschen durch nachahmen voneinander lernen. In der Wissenschaft spricht man auch vom Nachahmungslernen, Imitationslernen, Beobachtungslernen und Modelllernen. Als entscheidende Grundlage und wichtiges Beispiel für soziales Lernen, ist Nachahmungslernen auch eine essentielle Voraussetzung für die Entstehung und Entwicklung von Kultur. Sowohl Tiere als auch Menschen beobachten ihre Umgebung und auch die eigenen Artgenossen und deren Verhalten. Erweist sich ein bestimmtes Vorgehen als erfolgreich, so wird es oftmals von einem anderen Lebewesen nachgeahmt. Das Lernen durch Nachahmung findet sogar über Generationen statt, das Wissen wird so übertragen. Damit Nachahmung funktioniert, setzt es intensives beobachten voraus.

Durch bewusste Wertschätzung ist Weiterentwicklung für beide Seiten möglich

Um jetzt wieder auf den Dialog zurückzukommen. Es ist doch ein Geschenk an die Menschen, die beobachten, dass sie nachgemacht werden. Dass sie sehen, wer mir was nachmacht oder wie sie die Idee weiterentwickeln. Der Junge, der die Idee für das Ufo nachgemacht hat, könnte doch auch wertschätzend zu dem anderen Jungen sagen: «Ja, ich fand deine Idee so toll, dass ich das nachgebaut habe. «Nur schau!», würde er sagen, «Ich habe zwei Ausgänge gebaut, da kann der andere Ausgang als Fluchtweg benutzt werden.» Der Junge könnte offen zugeben, dass er das nachgemacht hat und die Idee toll fand und sie sogar weiterentwickelt hat. Alexandra Haaji stellt die Behauptung auf: «Das Konkurrenzdenken schwindet oder verschwindet sogar gänzlich. Das ist eine Win-win Situation! Ich bringe jemandem etwas bei, der macht es nach. Wenn das Bewusstsein dahingehend ist, dass es dann sichtbar geschätzt wird, dann bestärkt mich das in meinem Tun. Dadurch entwickle ich mich weiter und ich kann durch die Weiterentwicklungen meiner Nachahmer wieder dazulernen. Dann haben alle etwas davon, denn wir haben nie ausgelernt. Ich könnte mir vorstellen, dass wir weitaus verbundener miteinander unterwegs wären, anstatt das Konkurrenzdenken, «Wie viel wer vom Kuchen abbekommt», zu fördern.»

Bereits Humboldt und Goethe pflegten Co-Creation

Sie geht in ihren Gedanken sogar noch einen Schritt weiter, wenn Nachahmer dazu ermutigt werden, ihren Weg zu gehen und sie dabei auch mal energisch daran erinnert werden, ihre Vorbilder und Vorzeiger wertschätzend zu erwähnen, dass sie sogar darin bestärkt werden, ihren authentischen Weg zu gehen.

Das gibt doch ein ganz anderes Gefühl. Daraus können gemeinsame neue Ideen entstehen. Man schliesst sich zusammen, entwickelt zusammen und schaut gemeinsam, wie die Idee verbessert werden kann. Diese Entwicklung der Nachahmung ist für mich Co-Creation, im Kreativprozess mit mehreren Personen eine neue Form der Wertschöpfung zu entwickeln. Genau an diesem Punkt meiner Geschichte bin ich Alexander Freiherr von Humboldt (1769-1859) zu Dank verpflichtet, er sagte:

«Die Natur muss gefühlt werden,

wer sie nur sieht und abstrahiert,

kann … Pflanzen und Tiere zergliedern,

er wird die Natur zu beschreiben wissen,

ihr aber selbst ewig fremd sein.»

Alexander von Humboldt praktizierte damals schon Co-Creation mit Johann Wolfgang von Goethe. Sie beflügelten einander zu kreativen Höchstleistungen, die unsere Kultur nachhaltig entwickelt hat. Humboldt gab Goethe wieder einen Lebenssinn. Wir wüssten heute nicht das, was wir wissen, hätte es Humboldt und Goethe nicht gegeben. Das ist besonders anschaulich nachahmungslesbar in dem neu erschienenen Buch «Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur» von Andrea Wulf

"Alles hängt mit allem zusammen"

Humboldt interessierte sich für viele Details, aber anders als andere Naturforscher seiner Zeit beliess er es nicht dabei. Er sammelte nicht nur naturgeschichtliche Objekte, sondern Ideen und schuf so ein neues Verständnis für die Natur. Seine wichtigste Erkenntnis lautete: "Alles hängt mit allem zusammen." In zahlreichen Briefen, Schriften und in Vorträgen sorgte er für die Verbreitung seiner Gedanken. Sie machten ihn zu einem weltweit verehrten Star der Gelehrsamkeit.

Romantische Verklärung und systematische Erforschung der Natur

In der professionalisierten Wissenschaft, die damals entstand, ist Humboldts ganzheitliche Sicht auf die Natur zunehmend verloren gegangen. Statt Informationen zusammen zu führen, spaltete sich die Wissenschaft immer weiter in Fachdisziplinen auf. Erst in jüngerer Zeit bemühen sich einige ihrer Vertreter um mehr Interdisziplinarität. Man könnte auch sagen: Mehr Humboldt. In den Köpfen von Nichtwissenschaftlern hingegen geniesst das Weltbild Humboldts heute mehr Zuspruch denn je. Er prägte viele Gedanken, die für Umweltschützer heute selbstverständlich sind, auch wenn viele nicht wissen, auf wen das "ganzheitliche" Naturverständnis zurückgeht. (Buchrezension Quelle Anne Wigger, NDR)

Von Nadja Hillgruber
 

 

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